Die Geschichte zur Entstehung der Welt Athela
Der Krieg der Klänge
In den finsteren Weiten des Äthers, fernab aller Welten und jenseits der sterblichen Vorstellung, ruhten Emphis und Nura – zwei uralte Kräfte, geboren aus dem ersten Hauch der Schöpfung. Verborgen zwischen Schatten und Schweigen, verloren sie sich im endlosen Nichts, und doch war ihr Sein auf ewig miteinander verflochten.
Ihr Dasein glich einem uralten Reigen, tückisch und voller Anmut – ein endloses Spiel zwischen Glanz und Finsternis, zwischen sengender Glut und frostiger Leere. Wie Gegenspieler auf dem Schachbrett des Kosmos bewegten sie sich in vollkommener Harmonie, immer am Rande des Verderbens, und doch stets gebunden durch ein Band jenseits der Zeit.
Getrieben von einer uralten Sehnsucht nach Schöpfung formte Nura aus der endlosen Schwärze der Leere einen glühenden Stern, den sie Anhár nannte. Dieses leuchtende Juwel, erfüllt vom reinen Feuer des Anfangs, durchbrach das Dunkel und ließ Emphis’ eisiges Herz für einen Wimpernschlag erbeben. In jener Stunde der Erschütterung, aus Furcht um das Gleichgewicht zwischen Licht und Schatten, gebar er Anhúr – eine stille, doch mächtige Kraft. Sie war bestimmt, das Antlitz Anhárs zu verhüllen, nicht aus Hass, sondern aus Notwendigkeit – damit weder Licht noch Finsternis allein die Welt beherrsche.
„Aus dem Lichte, das meiner Schöpfung entsprang, eröffne sich der Pfad zum Sein“, sprach Nura, und ihre Stimme durchbrach die Stille wie der erste Sonnenstrahl die Nacht. „Lasst Schönheit erblühen und Farbe sich entfalten. Öffnet Euch, ihr Schleier der Welt – und schaut: Farben tanzen, Töne erwachen, und das Leben selbst kehrt heim in diese Stätte des Ursprungs.“
Emphis trat hervor, seine Stimme wie gehärteter Stahl, die Augen erfüllt von unbeugsamem Willen. Mit schneidiger Entschlossenheit wies er sie zurück. „Ihr sucht das Ungleichgewicht, während ich für die Stille und den Abgrund stehe. Lasst das Licht erlöschen und die Dunkelheit zurückkehren.“
Nura, erfüllt von unbändiger Wut, hob ihre Stimme zu einer Melodie empor, die selbst das Schweigen der des Nichts zu durchbrechen vermochte. Ihre Klänge, getragen von Schmerz und Sehnsucht, ließen Anhár in gleißendem Glanz erstrahlen – ein Licht, das selbst den Schatten zu vertreiben suchte. Doch Emphis, trotzig und von dunklem Groll beseelt, schlug mit rauer Hand in falschem Takt dazwischen. Seine Trommelschläge, krächzend und roh, schienen geschaffen, um jede Ordnung zu verhöhnen, als wolle er die Harmonie selbst in Ketten legen.
So rangen Anhúr und Anhár miteinander – Licht gegen Schatten, Klang gegen Chaos – in einem ewigen Zwielicht. Nuras Lied wuchs zu einer Macht heran, die Herzen erzittern ließ, und mit jedem Ton erhob sich Anhár, stärker, leuchtender, als wollten ihre Melodien die Dunkelheit umfangen und in ein neues Ganzes verwandeln. Doch Emphis gab nicht nach. Sein Widerstand, ein Sturm aus Lärm und Wut, erhob sich gegen die Schönheit des Klangs, als wolle er sie in Stücke reißen.
Der Streit tobte – wild, entfesselt – ein Tanz aus Licht und Dunkel, geboren aus uraltem Zorn. Selbst das Nichts, das alles umschloss, bebte unter der Wucht dieses Gesangs, der wie das Herz des Chaos schlug. Dann, jäh und unheilvoll, zerriss ein gewaltiger Knall die Luft – ein Laut, so fremd und endgültig, dass selbst der Sturm innehielt. Und plötzlich war da nichts als Stille. Tief, erschütternd, überwältigend. Das Nichts schwieg.
„So sehet!“, durchbrach Nura die ehrfurchtsvolle Stille. „Dies ist das Werk unserer vereinten Hände. Anhúr und Anhár haben sich in vollkommener Eintracht verbunden – Geist und Wille im Einklang.“
Vor ihren Augen entfaltete sich eine neue Welt – gewölbt wie ein Himmelszelt, umfangen von der uralten Leere, durchzogen von ungezähmten Möglichkeiten. Leben keimte auf, lodernd in der Frische der ersten Stunde. Funken der Schöpfung zuckten in den Höhen wie flüchtige Sterne, als wolle das Universum selbst nach Form greifen, nach Sinn – nach etwas Greifbarem.
In längst vergangenen Zeiten ward diese Welt von ihren Schöpfern mit dem Namen a I bedacht – ein Wort, das in unserer Zunge so viel bedeutet wie: Ich bin. Doch als die Zeit verstrich und neue Wesen in dieser Welt wandelten, gaben sie ihr einen neuen Namen, wohlklingend und voller Ehrfurcht: Athela. Und so nahm die große Chronik ihren Anfang – die Geschichten von Athela, einer Welt durchdrungen von uralter Magie und tief verborgenen Mysterien, in der das Schicksal seiner Kinder mit unsichtbarem Faden bis in die fernsten Winkel des Reiches gesponnen ward.

Die Epoche der Entstehung und Veränderung
Die Ära des offenen Kräftemessens zwischen Nura und Emphis war vorüber; der Sturm ihrer Auseinandersetzung hatte sich gelegt, und eine fragile Koexistenz, von beider Händen gewoben, senkte sich über die Welt. Über Athela spannte sich ein Himmel von träger Ruhe — ein Frieden, der trügerischer nicht hätte sein können.
Denn in den Schatten jener Stille formte Emphis, der Verderbte, ein ruchloses Werk. Aus der tiefsten Schwärze seiner entarteten Seele gebar er drei Geister, die in der Welt bald als Agnatar gefürchtet werden sollten. Geformt aus Hass und Finsternis, trugen sie seinen Willen hinab: Athela in Chaos zu stürzen und alles Bestehende in Asche zu begraben.
Doch auch Nura, Wächterin des Lichts, spürte das dunkle Grollen, das aus der Tiefe empordrang. Die Gefahr lastete wie eine schwarze Decke über der Welt, und so fasste sie ihren Entschluss. Aus dem reinen Glanz ihrer göttlichen Essenz schuf sie fünf gestaltlose Boten — lichte Wesen von großer Macht, die sie Alduin nannte. Ihnen ward die heilige Aufgabe zuteil, das Gleichgewicht zu wahren und dem Bösen Einhalt zu gebieten.
Als die Alduin vom Himmelsgewölbe herniederschwebten und erstmals ihren Blick auf die leuchtenden Gefilde Athelas warfen, da ward ihr Herz von einer Freude erfüllt, so tief und mächtig wie das Meer zur Morgenstunde. Eine Welt tat sich ihnen auf, von glänzendem Eisen durchzogen, mit Gold gesäumt und in Silber getaucht, ein Abbild göttlicher Schöpfung und Schönheit. Sie priesen die Herrlichkeit in Liedern aus Licht, und ihr Lob stieg auf wie Rauch von Weihrauch in den Äthern des Himmels.
Doch während das Licht noch sang, regte sich im Schoß der Welt das Dunkel der Agnatar. Tief unter den Wurzeln der Berge, wo kein Stern jemals glänzt und das Schweigen uralt ist, keimten Gedanken aus Schatten – schwarz wie Pech, kalt wie das Herz eines Verräters. Genährt von unermesslichem Hass, loderte in ihnen ein Hunger nach Verderben, nach Leid und Asche.
Und siehe, das Dunkel erwachte und ein Sturm losbrach – grausam und verheißend, geboren aus eisiger Kälte und feuriger Glut. Die Reiche der Schönheit fielen in sich zusammen, wie Glas zersplittert vom Hammerschlag. Der Boden ward zu einem flammenden Totenreich, der Regen zu ätzendem Gift, das Äcker verbrannte und Wälder zu Asche wandte.
Athela selbst, die lebendige Seele des Landes, weinte mit bitterem Klagegesang. Ihre Tränen sanken in die Erde, und aus ihren Klagen erhoben sich Schreie, die das Gestein zerbarsten. Risse spalteten die Kruste des Landes, und aus den Tiefen drang das Echo der Verzweiflung wie ein nie endender Ruf nach Erlösung.
Der erbarmungslose Kampf der Geistwesen nagte unaufhörlich an der Essenz beider Schöpfer, deren einst unerschütterliche Macht zu zerbröckeln begann. Emphis und Nura standen sich in einem letzten Moment klaren Bewusstseins gegenüber. Nuras Stimme durchbrach die drückende Stille wie Donner über eine verlassene Ebene. „Das Antlitz dieser Welt ist bereits verflogen, noch ehe das Leben seinen Pfad zu beschreiten vermochte“, sprach sie mit bebender Stimme. „Doch erkenne ich nun Euren tiefsten Wunsch, Emphis – und er soll nun auch der meine sein. So sei verkündet in alle Zeiten: Athela soll im Einklang einzig bestehen!“
Ein fahler Funke flackernden Lichts entstieg ihren Händen, als Nura in einem uralten Ritual die Alduin und Agnatar in die tief verborgenen Kammern eines geheimen Ortes verbannte. Und dann – ein gleißender Strahl reinen Lichts, entfesselt aus Nuras Innerstem, zerschmetterte die Essenz beider Mächte. In einem einzigen Augenblick wurden sie ausgelöscht, und in eine unheilvolle Stille gebannt.
Das Universum selbst schien unter dieser Tat zu erzittern. Mit einem kosmischen Aufschrei ward ein neues Mysterium geboren: eine astrale Energie von unermesslicher Kraft, die sich über Athela ergoss, gleich einem Strom göttlicher Offenbarung. Sie durchdrang alles Sein – das Lebendige wie das Unbelebte – und in diesem übernatürlichen Glanz wurde die wahre Essenz der Welt neu geformt.
Aus dem pulsierenden Herzen dieser Umwälzung erhob sich eine Gabe – mächtig und unergründlich. Fortan nannte man sie: die Magie.
„Das Sementum“ oder „Die Jahre der Saat“
In jenen Tagen, da der Himmel in bleiernem Nebel schwebte und die alten Wälder in schweigender Starre verharrten, erhoben sich die Götter Nura und Emphis aus der Stille der Zeit. Aus der Essenz der Urkräfte formten sie vier heilige Samen, getränkt im ewigen Schwur neuen Lebens. Mit heiliger Andacht betteten sie diese in das schweigende Herz der Erde, als Zeichen einer kommenden Ordnung.
Ein jeder dieser Samen barg die Reinheit eines göttlichen Willens, ein Omen aus Licht und Schatten, Hoffnung und Schicksal – ein Versprechen, das die Welt auf ihren wahren Pfad führen sollte.
Zwei dieser göttlichen Gaben fanden ihren Ruheplatz im gesegneten Süden, wo die Sonne in goldenem Wohlwollen über das Land wachte. Einer versank in die kargen, steinernen Spalten der Tiefe, dorthin, wo selbst das Licht der Sterne sich nicht verirrt. Der letzte aber fiel in die dunklen Schatten des ältesten Waldes, wo Flüstern und Vergessen in den Zweigen wohnen.
Als die Samen zu keimen begannen, erhob sich aus ihrem Schoß ein neues Geschlecht: die Wächter – ehrfurchtgebietende Wesen, geboren aus dem Willen der Schöpfung selbst, um Athela mit Leben zu erfüllen. Mit den Kräften der Elemente – Feuer und Wasser, Erde und Luft – stellten sie sich dem wütenden Chaos entgegen, das wie ein dunkler Schleier über der Welt lag. Doch ihre ersten Schritte auf dieser jungen Erde waren getränkt in Zwielicht und von der Last tiefer Verlorenheit überschattet.
Denn was sich vor ihren Blicken offenbarte, war eine Welt im Widerstand gegen das Leben: Das Wasser stand still, reglos wie Glas; die Bäume, einst stolz, krümmten sich wie unter unsichtbarer Pein, und das Grün verdorrte zu Asche unter ihren Füßen. So begannen die Tage des Erwachens nicht mit Licht, sondern mit einer Prüfung.
Elvea, die Erstgeborene der Wächter, trat hervor. Ihr Wille, lichtgeboren und von Macht erfüllt, durchdrang die finstere Stille des Anfangs. Aus ihrem Hauch entflammte das erste Leuchten — ein Strahl, heller als jegliches irdische Feuer.
Daraus formte sie zwei himmlische Leiber von erhabener Schönheit und tiefer Bedeutung: Anhár, die goldene Sonne, deren Glanz das Antlitz der Welt segnet, und Anhúr, den silbernen Mond, dessen stilles Licht durch die Träume der Sterblichen wandelt. Im ewigen Tanz begegnen sie einander, kreisend über das Firmament gespannt, Boten des Gleichgewichts zwischen Tag und Nacht.
Mit donnernder Stimme, die durch Mark und Stein drang, rief Goron, der Wächter der Erde, nach Elvea, der Lichtwächterin, deren Name selbst die Dunkelheit zu scheuen schien. Aus den Tiefen längst vergessener Schatten traten sie hervor, vereint im Schwur, das wankende Gleichgewicht der Welt zu wahren und dem heraufziehenden Chaos die Stirn zu bieten.
Goron, dessen Arme wie aus Granit gemeißelt waren, schmetterte seine Hände in die Brust der Erde. Unter seinem Griff wölbten sich Gebirge gen Himmel, Täler rissen sich auf, und aus tiefem Gestein entstiegen Höhlen voller uralter Geheimnisse. Mit heiligem Murmeln sandte er sein Gebet in den Äther, und als Antwort stürzten Wasserfälle tosend in die Tiefe, klare Seen breiteten sich aus wie Spiegel der Götter – seine Entschlossenheit rollte über das Land wie eine Flutwelle, die selbst das träge Wispern der Stagnation zum Schweigen brachte.
Hoch oben auf dem ehrwürdigen Gipfel des Montequai saß Timtai, der Wächter der Zeit, auf seinem steinernen Thron. Der Wind trug ihm das Flüstern ferner Schatten zu, und eine unheilvolle Präsenz näherte sich aus den Tiefen des unbekannten Landes. Während Tag und Nacht in ehrwürdigem Wechsel über das Land zogen, als folgten sie dem ewigen Lied der Schöpfung, wuchs in seinem Innersten die Ahnung von kommendem Unheil.
Sein Blick schweifte über das endlose Reich, wo wilde, ungezähmte Wälder sich mit Schluchten von abgründiger Tiefe verflochten. Am Horizont jedoch, dort wo das Licht sich in Dunst und Dunkel verlor, erhob sich etwas – eine düstere Vorahnung, schwer wie Eisen in seiner Brust.
Tief in den finsteren Hallen der Schatten weilte Selûmil, die schweigsame Wächterin. Verborgen vor den Blicken ihrer Geschwister, thronte sie im Zwielicht der Vergessenheit, während ihre Augen – kalt und unergründlich – das Treiben ihrer Geschwister aus sicherer Ferne verfolgten. Einst war es ihr bestimmt, an ihrer Seite zu wandeln, den Willen der Erschaffer zu erfüllen. Doch Selûmil entzog sich der Pflicht. In stummer Rebellion ließ sie das Schicksal seinen Lauf nehmen, ohne Wort, ohne Tat – wie ein Geist, der sich weigert, Teil der Welt zu sein.
Und so rückte der verheißene Moment heran, da das große Werk der Erschaffung Athelas vollendet ward. Aus den tiefen Schleiern uralter Nebel ragten Berge empor, gewaltig wie die Säulen der Götter, ihre Zinnen vom Hauch der Ewigkeit umwoben. Die Täler, weich wie das erste Lied der Morgendämmerung, öffneten sich in einem Mantel aus smaragdgrünem Leben.
Silberne Flüsse, gleich schimmernden Schlangen aus Licht, durchzogen das weite Land, schlängelten sich durch uralte Wälder, in deren Schatten das Leben selbst in stiller Harmonie erwachte. Dort, wo der Wind flüsterte und die Sonne mit goldenen Fingern die Erde streichelte, fand auch das Klima seine Bestimmung – launisch zwar, doch eingebettet in das große Gleichmaß des neu geborenen Reiches.
So brach jene Stunde an, da die Kinder der Wächter würdig befunden wurden, die heilige Schwelle Athelas zu überschreiten: Goron, Herr der Tiefe, empfing seine steinernen Söhne und Töchter mit einem Lächeln, so warmherzig und echt, dass selbst die stummen Felsen ringsum in goldenem Glanz erstrahlten – als wollten sie die Freude ihres Anführers widerspiegeln.
Elvea wurde von ihren elbischen Nachkommen mit zärtlicher Inbrunst umfangen. Voll Ehrfurcht bereiteten sie sich darauf vor, ihr den ehrwürdigen Namen Sternenkönigin zu verleihen – ein Titel, geboren aus Dankbarkeit für das göttliche Geschenk der Langlebigkeit, das sie ihnen einst vermacht hatte.
Timtai, der Hüter der Menschen, schloss seine Kinder in kräftige Arme, so sanft wie der erste Regen nach einer Dürre. Aus seinen Augen sprach stille Zuneigung, tief wie das Meer, klar wie das Licht des Morgens.
Allein Selûmil, die verborgene Wächterin, Mutter der Macar, trug in ihrem Herzen den kalten Dorn der Entfremdung. Aus der Ferne betrachtete sie ihren eigenen Nachwuchs – nicht mit Stolz, sondern mit einem Blick, der mehr Schatten als Licht trug. Enttäuschung wohnte tief in ihrer Brust, denn in ihrer Seele regte sich die bittere Erkenntnis: Ihre Kinder waren zu schwach, um im harten Gefüge der Welt zu bestehen. Ihr Herz dürstete nach Stärke, nach Macht, nach Nachkommen, die selbst die Stürme des Schicksals bezwingen könnten. Doch dieser Wunsch – kühn und herrisch – schien ihr nun ferner denn je.
Das Erwachen der Magie
Nach der Auslöschung der Agnatar und Alduin erhob sich ein Geschenk jenseits aller Sterblichen Fasskraft: die Magie. Die Enthüllung der Magie war kein festliches Erwachen, sondern ein Bruch in der Ordnung des Seins. Nur wenige, Auserwählte, wurden von ihrem Hauch berührt. Sie nannten sich selbst Magienutzer – Träger einer Gabe, die Licht wie Schatten barg. Manche unter ihnen entzündeten Flammen mit einem Gedanken, andere ließen Dinge schweben, ohne dass ihre Finger sich regten. Ihre Kräfte überstiegen selbst die kühnsten Träume, doch sie trugen den bitteren Geschmack des Schicksals in sich – denn was Segen schien, ward oft auch Fluch.
Nicht lange währte es, da schlossen sie sich zu einem Bunde zusammen, den man fortan den Magierorden nannte. In seinen ehrwürdigen Reihen vereinten sich nicht allein die Elben mit ihren silbernen Stimmen und die Zwerge mit Händen aus Eisen, sondern auch die wandernden Macar und die wissenshungrigen Menschen. Gemeinsam brachen sie auf, getragen von einem Schwur und einem Ziel: die junge, unerforschte Kraft, die sich wie ein neugeborener Strom durch die Welt wand, zu ergründen, ihre Mysterien zu lüften und die Pfade ihrer Anwendung zu erlernen.
Im Laufe der Jahre wuchs der Orden zu einer Säule von solcher Bedeutung heran, dass selbst Könige und Stammesälteste seinen Rat suchten. Er wurde zum Hüter des Gleichgewichts, zum Brückenbauer zwischen den noch jungen Völkern – ein Bollwerk der Weisheit in einer Welt des Wandels.
So wandelte sich ihr Land unter seinem Schutz zu einem Ort des Friedens, genährt von Eintracht, befeuert durch Zusammenarbeit und getragen von dem Band des gegenseitigen Respekts.
Während die Jahre wie fallende Blätter in die Vergessenheit sanken, zogen sich die Wächter in ehrfürchtiger Stille zurück. In einer feierlichen Zeremonie, von geheimnisvollen Gesängen und dem Licht verlöschender Sterne begleitet, übergaben sie Athela ihren Nachkommen und verschwanden aus der Welt der Sterblichen.
Nur eine blieb. Selûmil, die Schattenhafte, gefangen in den Wirren eines inneren Zwiespalts, verweilte. Tief unter der Erde, jenseits von Licht und Hoffnung, barg sie sich in der Finsternis der Unterwelt. Ihre Seele war zerfurcht von Enttäuschung – eine Bitterkeit, geboren aus der Erkenntnis, dass die Macar, Wesen ihrer eigenen Schöpfung, ihrem Streben nach Vollkommenheit nicht gerecht geworden waren. Sie hatte sie aus ihrer Essenz geformt, doch sie blieben blass im Antlitz der Elben, Zwerge und Menschen – wie Schatten neben dem Licht, wie Ton neben Gold.
Ein dunkler Hunger wuchs in ihr, eine Sehnsucht nach Reinheit, nach Macht jenseits des Begreifbaren. Und so wandte sie sich erneut der Magie zu – der Kehrseite, einer wilderen Magie, geboren aus Zorn und Stolz. Ihre Beschwörung erschütterte das Gefüge der Welt. Die Erde erbebte, aufgerissen wie ein zerschlissenes Gewand, als aus den Tiefen jener düsteren Gedankenberge ein Schrecken erwuchs.
Aus dem Schoß der Schatten krochen sie empor – groteske Kreaturen, abscheuliche Verzerrungen der Schöpfung, gierig nach Leben, unstillbar in ihrem Hunger. Sie stiegen auf zur Oberwelt wie eine schwarze Flut, verzehrten, was atmete, und ließen nichts als Ödnis und Furcht zurück. Kein Herz, das nicht von Grauen durchbohrt wurde, keine Seele, die unversehrt blieb. Und der Albtraum, den Selûmil entfesselt hatte, lebte fort – als Fluch, als Warnung, als Mahnung an jene, die mit den dunklen Kräften der Schöpfung zu spielen wagen.
Der Erste Große Krieg (Beginn des Ersten Zeitalters)
Der ehrwürdige Magierorden hatte sich der Entschlüsselung arkaner Mysterien verschrieben – einer Magie, so fremd und unergründlich wie die Schatten zwischen den Sternen. Unermüdlich forschten seine Gelehrten, tauchten tief hinab in die Schleier des Unsichtbaren, stets auf der Suche nach dem wahren Wesen der Zauberkraft.
Doch eines Tages – als der Wind flüsternd durch die Turmspitzen der Hochburg wehte und der Himmel ein unheilvolles Schweigen trug – traten sie aus dem Nichts hervor: die Dunkelelben. Wesen von anderer Art, mit Augen, in denen sich die Tiefen der Magie spiegelten, und einer Sensibilität, wie sie selbst die ältesten Magister nicht zu benennen vermochten.
Zunächst wurden sie als Segen gefeiert, als Gaben der Götter, geschickt, um das Streben des Ordens zu krönen. Ihre Fertigkeiten ließen das gesammelte Wissen in neue Höhen aufsteigen, als ob sie längst vergessene Pforten öffneten, durch die sich ungeahnte Erkenntnisse ergossen.
Doch kaum hatte das erste Staunen den Saal der Erkenntnis erfüllt, da regte sich in den Herzen der Ältesten ein leiser Zweifel. Und während die Jüngeren sich im Glanze neuer Macht sonnten, flüsterten die Alten bereits von Gefahr – denn wo das Mysterium wohnt, dort wandelt stets auch das Unheil.
Während manche der Weisen, von der glimmenden Verlockung neuer Gaben betört, begannen, sich dem Unbekannten zu öffnen, keimte unter Elben und Zwergen ein Misstrauen – tief verwurzelt wie das Gestein ihrer Hallen. Und auch unter den Sterblichen war die Meinung gespalten: Die einen sahen in den fremden Kräften einen Pfad zu neuem Glanz, zu Erkenntnis und Wandel; die anderen aber witterten darin ein böses Omen, eine Gefahr, die das fragile Gleichgewicht der Welt zu erschüttern drohte. So entflammte ein Streit über die Bürde der Magier.
Als die Dunkelelben in rasender Hast ihre arkanen Künste verfeinerten und begannen, mit verderblichen Zaubern die Gedanken der Ordensbrüder zu beugen, geriet der ehrwürdige Orden in einen Strudel aus Zwietracht und innerem Verfall. In den Reihen der Macar erhoben sich fanatische Zirkel – Absplitterungen getrieben von dunkler Sehnsucht –, die das finstere Erbe jener neugeborenen Macht an sich rissen, um eine Magie zu entfesseln, wild und unheilig.
Diese Machthungrigen verwarfen die alten Schwüre, wandten sich ab vom heiligen Kodex und entfesselten eine Rebellion, blutig und ohne Gnade. Viele Gefährten, verführt vom süßen Gift der Eigenmacht, verfielen dem Missbrauch der Magie, ließen sich blenden von Illusionen und Zwielicht. So kam es zur großen Spaltung – ein Riss, tief wie das Meer –, der das Band der Gemeinschaft zerriss.
Bruder stand gegen Schwester, Schwester gegen Bruder, während der Glanz einstiger Herrlichkeit versank im Schatten des Verrats. Der Glaube selbst, das uralte Fundament, erbebte unter dem Gewicht der Sünde, und das Licht des Ordens flackerte, ehe es in der Dämmerung des Untergangs erlosch.
Die Schatten der Zwietracht verdichteten sich, als der Alte Orden in einem Sturm aus Verrat und Blut endgültig zerbrach. Der Erste Große Krieg entflammte – ein finsteres Zeitalter nahm seinen Lauf und das heilige Band, das sie einst verband, zerriss unter dem gellenden Klang von Stahl auf Stahl. Die Lande erzitterten unter dem Tosen der Schlachten, der Boden tränkte sich mit dem Blut der Gefallenen, und das Schicksal der Welt hing am seidenen Faden der Hoffnung.
Aus den Trümmern gebrochener Eide vereinten sich sämtliche Dunkelelben, die Macar sowie abtrünnige Zauberer der Menschen. Geführt von dem geheimnisvollen und machtvollen Sarr, schmiedeten sie ein neues Bündnis: die ehrfurchtgebietende „Einheit von Sarr“. In ihrer Mitte brannte der Hass wie ein unstillbares Feuer. Sie verschrieben sich nicht nur einem neuen Kodex – dunkler, kompromissloser –, sondern schworen, ihre Feinde mit aller Härte auszulöschen und das Antlitz der Welt nach ihrem Willen zu formen.
An vielen Enden der bekannten Welt wurden einst fruchtbare Lande zu düsteren Kriegsschauplätzen, wo sich die Mächte der Finsternis in gnadenloser Schlacht mit den Hütern des Lichts maßen. Der Klang von aufeinandertreffendem Stahl zerschnitt die Stille, begleitet vom Klagen der Verwundeten, das sich wie ein Fluch in die Himmel erhob. Auch die uralten Künste der Magie wurden ohne Zögern dem Krieg geweiht.
Mitten im tobenden Getümmel standen die kriegskundigen Magier – düstere Silhouetten in wallenden Roben –, ihre Hände von unheilvollem Glanz umflort. Aus ihren Lippen drangen Worte in vergessenen Zungen, und jedes ihrer Zaubergebete ließ Tod und Verderben herabregnen. Die Luft war getränkt vom metallischen Hauch vergossenen Blutes und durchzogen vom sengenden Odem wilder Magie, die wie glühende Sternensplitter gen Himmel fuhr und die Nacht in gespenstisches Licht tauchte.
Die letzte und alles entscheidende Fehde ward geschlagen auf den blutgetränkten Feldern von Esgarion, wo Sarr, der Dunkelgezeichnete, mit seinen Getreuen den lang ersehnten Triumph erringen wollte. Unter düsteren Himmeln erhob sich ein Sturm aus Stahl und Feuer – der letzte Kampf zwischen Licht und Schatten entbrannte mit unheilvoller Wucht. Jeder Hieb war ein Schwur, jede Regung eine Prüfung.
Obgleich sie mit unbeirrbarem Mut und der Klugheit geschliffener Kriegslisten widerstanden, ward „Die Einheit von Sarr“ vom übermächtigen Ansturm ihrer Feinde niedergerungen. Die Schwingen des Schicksals schlugen schwer, und so zerbrach die Einhei. Doch ein Häuflein Getreuer entrann dem Blutgericht, floh in ferne, unerforschte Lande jenseits der bekannten Welt. Dort, im Schutz der Dunkelheit und fern aller Gesetze, gründeten sie das Schattenreich – ein düsteres Refugium, geboren aus Asche und Schmerz. Angeführt wurden sie fortan von jenen, die als Hexer neu berufen wurden, um mit Magie und Rat das Erbe der Gefallenen zu bewahren und das Schattenreich in finstrer Weisheit zu lenken.
Nach dem ruhmreichen Triumphe auf blutgetränktem Feld versammelten sich die siegenden Mächte und riefen den Orden der Weißen Inquisition ins Leben – ein Bollwerk aus Disziplin, Glaube und unbeugsamer Entschlossenheit. Aus ihren Reihen trat eine erlesene Schar hervor, weise und machtvoll, und gründete den Hohen Rat, dessen Stimme fortan über das Schicksal des jungen Zeitalters entschied.
In den Jahren, die dem großen Krieg folgten, erhoben sich Königreiche, Herzogtümer und freie Städte, vereinten ihre Banner unter einem Schwur: dem Licht die Treue, der Finsternis den ewigen Widerstand. So wuchs eine Allianz heran, stark wie gehärteter Stahl, bereit, dem drohenden Schatten zu trotzen, der sich erneut über die Welt zu legen begann: Das Vereinigte Königreich.
Nach dem Verstummen der Kriegstrommeln und dem Erlöschen der letzten Schlachtfeuer erhob sich aus den Trümmern der alten Welt ein neues Bündnis: das Vereinigte Königreich. Geschmiedet aus dem Willen zur Einigkeit und dem Schwur ewiger Treue, vereinten sich die Reiche von Sescana, Sorún, das ehrwürdige Elbenreich Thalorien, das karge, doch unbeugsame Steinwacht-Gebirge sowie die weiten Lande von Ufrana unter einem Banner.
In den Hallen des Hohen Adels, wo Blutlinien ebenso gewichtig waren wie Schwerter, wurde Isilmir Tavanaei auserkoren, als erster Monarch auf dem Thron des neugegründeten Vereinigten Königreichs Platz zu nehmen. Mit feierlichem Schwur und unter dem Licht der Sechs Flammen wurde ihm die Krone der Einung überreicht. In weiser Voraussicht trat auch der Orden der Weißen Inquisition diesem hohen Bunde bei – nicht allein, um dem Reich mit Stahl und Glauben zu dienen, sondern um den brüchigen Frieden jener Tage zu stützen und das Gleichgewicht der Mächte in dunkler Stunde zu wahren.
Weitere Daten:
in Arbeit …